Elektronische Patientenakte für alle: Digitalisierung im Gesundheitswesen Down Under

Was in Deutschland noch diskutiert wird, ist in Australien schon zur Realität geworden: die elektronische Patientenakte.

Die Regierung des Commonwealth brachte über die national gesteuerte Plattform “MyHealth” eine elektronische Patientenakte auf den Weg, wo spätestens in 2018 alle Australier online ihre Patientendaten verwalten können. Von Röntgenbilder über Labordaten, CT-Scans, Arztbriefe und Impftermine — all diese Informationen sollen dann digital hinterlegt sein. Wie auch bei anderen Projekten weltweit haben die Patienten die Hoheit über diese Daten und legen fest, wem sie einen Einblick in ihre Gesundheitsdaten gewähren wollen.

Einer der Gründe, warum die australische Regierung in den letzten Jahren über 10 Milliarden Euro in dieses Projekt investiert haben, liegt darin begründet, dass in Down Under, dem sechstgrößten Land der Erde, gerade mal 3 Ärzte auf 1.000 Einwohner kommen, die dann auch noch riesige Entfernungen von ihrem Wohnort zu einem ärztlichen Versorgungszentrum machen müssen. In sogenannten Versorgungsstellen für Notfälle kümmern sich 24/7 Ärzte und Krankenpfleger um medizinische Notfälle, die ihnen per Telemedizin aus entfernten Regionen zugesandt werden. Erfahrende Ärzte können eingehende Laborwerte oder auch Röntgenbilder ansehen und somit medizinischem Fachpersonal und auch dem Patienten vor Ort Ratschläge geben, was zu tun ist. Bei schweren Fällen wird per Hubschrauber oder Kleinflugzeug ein Rettungsteam vor Ort beordert.

Nun fragen sich viele, was das australische Outback mit der Versorgung von Patienten in Deutschland zu tun hat? Aus meiner Sicht einiges, denn in bevölkerungsarmen ländlichen Regionen in Deutschland haben wir zur Zeit auch einen enormen Haus- und Facharztmangel. Gerade hier würden telemedizinische Konsultationen eine sehr gute Hilfe sein.

Wie in anderen Staaten ist das E-Health-Programm in Australien nicht verpflichtend, allerdings müssen sich die Menschen aktiv aus dem Programm austragen, wenn sie ihre Daten nicht ins Netz laden möchten. Glaubt man den Statistiken in Australien, wollen gerade mal 1% der Menschen ihre Daten nicht in das MyHealth-Portal übertragen.

So ist notgedrungen aus einem Zwang zur medizinischen Versorgung in entlegenen Regionen eine Bewegung für den gesamten Kontinent hin zu einer allzugänglichen Gesundheitsplattform geworden. Weit über 10.000 Gesundheitseinrichtungen und mehre Millionen Patienten tauschen zur Zeit schon ihre Daten über diese Plattform aus. Und mehr als 100.000 Behandlungen sind schon telemedizinisch durchgeführt worden.

Kritiker werden nun sagen, dass Australien nicht mit Deutschland vergleichbar ist, zumal wir hier andere Systeme zur Finanzierung von Gesundheitsleistungen über private und gesetzliche Kostenträger haben. Das stimmt natürlich, aber wir sollten nicht so blauäugig sein und dieses Thema von einer Legislaturperiode zur nächsten Legislaturperiode von uns schieben und hinter den Datenschutzrichtlinien verstecken. Denn schon jetzt ist ein Kollaps der Gesundheitsversorgung in ländlichen Gebieten in Deutschland zu beobachten.

© PatientCareNews.com, Autor: Frank Bergs

Quellen:
Portal medizintechnologie.de; Internetseite myhealthrecord.gov.au

Bild: https://www.pexels.com/de/foto/australien-reisen-reisen-reise-68704/