Telemedizin und ihr Nutzen: Die Bewertung der Anwendungen gestaltet sich schwierig

Nach wie vor ist der Weg in die Regelversorgung für telemedizinische Verfahren steinig. Anbieter telemedizinischer Produkte und Dienstleistungen sollen den Nutzen und mögliche Gefahren ihrer Angebote nachweisen.

Doch wie kann eine angemessene Evaluationsmethodik zur Nutzenbewertung telemedizinischer Verfahren aussehen? Grundvorraussetzung für Telematik- und Telemedizinanwendungen sind zunächst die strikte Einhaltung von Qualitätssicherheitskriterien. Hier hat die Landesinitiative eGesundheits.nrw schon mal bundesweit Maßstäbe gesetzt. In der Initiative sind weit mehr als 30 Projekte gebündelt, die einrichtungs- und sektorenübergreifend Kooperationen und Kommunikation im Gesundheitswesen weiterentwickeln.

Hier sind geförderte eHealth-Projekte angehalten, die so genannten Telematikanforderungen des Landes hinsichtlich Datenschutz, Interoperabilität, Nachhaltigkeit und Nutzerorientierung zu erfüllen.

Ein Problem der Nutzenbewertung aber ist zur Zeit, dass die Sozialgesetzgebung in Deutschland für den ambulanten Sektor andere Regeln vorsieht, als für den stationären Sektor. Im ambulanten Bereich kann eine neue Leistung nur dann eingeführt werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) aufgrund der Nutzenbewertung zu einem positiven Votum kommt. Im stationären Bereich kann eine Leistung erbracht werden, solange sie nicht wegen fehlenden Nutzennachweises ausgeschlossen wird.

Telemedizinische Anwendungen als innovative Technologie müssten einen zusätzlichen Nutzen durch die Datensammlung und Bidirektionalität aufzeigen, wo nachgewiesen werden müsste, ob mit einem telemedizinischen Monitoring eines Patienten eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes früher nachgewiesen werden kann als durch die Standardversorgung. Zusätzlich darf natürlich auch eine Kosten-Nutzen-Bewertung nicht fehlen, die nicht immer einfach und pauschal zu erstellen ist. Auch wenn sich der resultierende Nutzen nicht immer direkt beim Patienten sichtbar macht, kann der Arzt oder auch die Klinik enorm im Rahmen von Prozessoptimierungen bei den Arbeitsabläufen oder der medizinischen Dokumentation von telemedizinischen Anwendungen profitieren.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass telemedizinische Versorgungskonzepte stark indikations- und dienstleistungsbezogen sind. Dies bedarf zusätzlicher ausdifferenzierter Bewertungskriterien.

Alles in allem heißt es daher: Fachgesellschaften, Projekt- und Pilotgruppen, G-BA und Gesundheitsdienstleister müssen weiterhin eng miteinander diese Thematik unter den Gesichtspunkten “Nutzen, Qualität und Wirtschaftlichkeit” evaluieren und eine Regelung finden, die sich auch monitär bei den Anwendern niederschlägt. Dies wird wohl die größte Herausforderung der Telemedizin in den nächsten Jahren bleiben.

© PatientCareNews.com, Autor: Frank Bergs

Text: Buch „Telemedizin, Wege zum Erfolg“, Kohlhammer Verlag; DGTelemed, ZTG

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